Symposium 8. November 2019


Thema: „Flitzer unterwegs – vom Hoverboard bis zum (E-)Scooter“

(8. November 2019)

Veranstaltungsort: ÖAMTC Mobilitätszentrum Erdberg


FLITZER UNTERWEGS – VOM HOVERBOARD BIS ZUM E-SCOOTER

Neue Risiken – richtige Antworten

Am 08.11.2019 findet ein verkehrsmedizinisches Symposium des Ärztlichen Mobilitätsklubs Österreichs zu vielen brennenden Fragen statt.

Die E-Scooter haben sich nicht nur als modernes Freizeitgerät etabliert, sondern bergen auch viele Risiken und eine neue Unfallgefahr, da sie sich als neues Verkehrsmittel erst im Straßenumfeld etablieren müssen.

Wie bei jedem Fortbewegungsmittel das neu auf die Straße kommt, dauert es eine gewisse Zeit bis die Behörden darauf aufmerksam werden – meistens durch vermehrte Unfälle mit schweren Verletzungen – und regulierende Maßnahmen einleiten.

Experten beleuchten bei diesem Symposium die IST-Situation und es werden eine Fülle von Vorschlägen erwartet, diese auch zu verbessern.

Wenn man Wien betrachtet, ist der Verleih von E-Scootern bereits ein großer Wirtschaftsfaktor. Es befinden sich bereits 7 Leih-E-Scooter Anbieter am Markt. Man rechnet derzeit mit mehr als 9.000 E-Scooter in der ganzen Stadt.

In der ersten Phase war es für die E-Scooter möglich, überall in der Stadt herumzufahren, wie auf Gehwegen, Schutzwegen, etc. Nunmehr ist eine Gesetzesnovelle in Kraft getreten, die besagt, dass E-Scooter den Fahrrädern und E-Bikes angeglichen sind. Das Fahren auf Gehsteigen, Geh- und Schutzwegen ist nunmehr grundsätzlich verboten. Ist eine Radfahranlage vorhanden, muss diese benutzt werden.

Weiters wurde festgelegt, dass Kinder unter 12 Jahren bei Nutzung eines E-Scooters von einer Person beaufsichtigt werden müssen, die mindestens 16 Jahre als ist, außer die Kinder besitzen einen Radfahrausweis, welcher das Fahren mit bereits 9 Jahren alleine erlaubt.

Für mich als Verkehrsmediziner ist die wichtigste Frage:

Was kann man prophylaktisch tun, um Unfälle zu vermeiden?

Ein wichtiger Punkt ist, dass E-Scooter und Hoverboards nun mit 600 Watt Leistung begrenzt sind und eine Geschwindigkeit von max. 25 km/h erlaubt ist. Diese Geschwindigkeit erscheint auf den ersten Blick als nicht besonders hoch, aber wenn man die Folgen nach einem E-Scooter Unfall betrachtet, können Unfälle bei dieser Geschwindigkeit bereits zu schwersten Verletzungen mit Todesfolge führen. Beachtenswert ist dabei dass die Kollisionsgeschwindigkeit – also der Zusammenprall mit einem anderen Fahrzeug – viel höher sein kann, da andere Verkehrsteilnehmer meist mit Fahrzeugen höherer Geschwindigkeiten unterwegs sind. Aufgrund der relativ kurzen Zeit im Straßenverkehr gibt es noch keine genauen längeren Statistikanalysen.

 

Junge statistische Daten verraten jedoch schon einiges: Alleine im Donauspital werden pro Monat zehn, zum Teil schwerverletzte E-Scooter-Fahrer behandelt. Nur in Wien hat es in 3 Monaten 200 E-Scooter Unfälle mit Verletzten gegeben, wie der KFV aus Krankenhausdaten hochgerechnet hat.

Hauptursache der Unfälle sind überwiegend Unachtsamkeit, unzulässige Gehwegbenutzung oder Trunkenheit beim Fahren.

In München mußten die Polizeibeamten 400x alkoholisierte Fahrer aus dem Verkehr ziehen, gezählt wurden dabei alle Fahrten um 0,3 Promille Blutalkohol. Die Hälfte der betrunkenen

E-Scooterfahrer hatte sogar einen Wert zwischen 0,5 und 1,1 Promille. Außerdem wurden

Scooter angehalten, auf denen 2 oder mehr Personen gleichzeitig fuhren. Das Risiko einen Unfall mit einem E-Scooter zu erleiden, ist sehr hoch, derzeit liegt es bei 2 Verletzten pro 100.000 km. Vergleichsdaten mit Fahrradfahrern ergeben gerade mal 0,5 Verletzte und beim Autoverkehr sogar 0,03 Verletzte. Es gibt also noch viel zu tun, um die Verkehrssicherheit der E-Scooter zu verbessern.

Risikofaktor Fahrer

Wie aus den Unfallstatistiken ersichtlich, ist der höchste Risikofaktor der Fahrer selbst.

Sehr wichtig ist die Einstellung zum Fahrzeug, es sollte jedem bewusst werden, dass er ein motorisierter Verkehrsteilnehmer ist und sich daher entsprechend verhalten muss. Das bedeutet vorausschauendes und konzentriertes Fahren.

Kein Fahren auf Gehwegen oder in Fußgängerbereichen, wenn vorhanden, am besten Fahrradwege benutzen.

Kein Alkohol beim E-Scooter-Fahren, kein Telefonieren mit dem Handy, Training mit dem E- Scooter nur im nicht öffentlichen Verkehr, damit man sich an die Eigenarten des Scooters gewöhnen kann.

Weiters ist ein gutes Sehvermögen Voraussetzung und auch das Gehör sollte nicht vernachlässigt werden.

Das Fahren mit Kopfhörern und lauter Musik ist ein klarer Unfallgrund.

Ein guter Gleichgewichtssinn ist sehr wichtig

Nur bei guter Gesundheit sollte man mit dem E-Scooter fahren. Krankheiten verzögern die Reaktionszeit und beeinflussen das Gleichgewichtssystem, was sich insbesondere beim E- Scooterfahren negativ auswirkt. Vor allem beim Hoverboardfahren ist Gleichgewichtssinn gefragt, denn es fehlt bei diesem Gerät eine Lenkstange, womit es viel leichter ist, die Balance zu verlieren und zu stürzen.

Scooter ohne Motor gelten als fahrende Spielzeuge und mit diesen darf man überall unterwegs sein (Gehsteige, Fußwege). Es liegt auf der Hand, dass dadurch auch viele Unfälle mit manuellen Scootern passieren. Das Traurige dabei ist, dass die Unfallopfer vor allem Kinder sind. Ob diese Regeln von verkehrsmedizinischer Seite als sinnvoll zu erachten sind,

 

darf zumindest angezweifelt werden. Eine Baufsichtigung der Eltern ist jedenfalls unumgänglich.

Die richtige Schutzausrüstung

Wichtig ist auch eine entsprechende Bekleidung. In Badehose und Sandalen unterwegs zu sein verursacht natürlich schwerere Verletzungen.

Die Studien zeigen, dass beim E-Scooterfahren sehr viele Kopfverletzungen bei Unfällen festgestellt werden. Es ist aus verkehrsmedizinscher Sicht unbedingt anzuraten, einen

Schutzhelm (Fahrradhelm) zu tragen um das Risiko einer schweren Kopf- bzw.

Gehirnverletzung zu vermeiden.

Eine angepasste Kleidung ist unumgänglich, wünschenswert sind Ellenbogen – und

Knieschutz, ähnlich wie bei Inline-Skatern, sowie ein angepasstes festes Schuhwerk, um gut bremsen bzw. Verletzungen an Füßen reduzieren zu können.

Vielen ist gar nicht bewußt, dass sie bei einer Geschwindigkeit von 25km/h 7 m/sec. zurücklegen. Der Anhalteweg beträgt also bei dieser Geschwindigkeit in etwa 13 m. Es ist schwieriger als die Meisten denken, vor Hindernissen rechtzeitig zum Stehen zu kommen.

Helmpflicht besteht zum Glück bei Kindern bis zum 12. Lebensjahr, diese sollte, meiner Meinung nach, auf alle Personengruppen ausgeweitet werden.

Wesentlich für die Sicherheit ist natürlich auch der Roller selbst

Der E-Scooter muss über Rückstrahler (nach hinten rot, nach vorne weiß, zur Seite gelb) verfügen, sowie bei Dunkelheit und schlechter Sicht vorne und hinten mit Licht ausgestattet sein.

Wichtig ist eine gut funktionierende Bremse; es gibt zwar eine Mindestgröße, jedoch stellt sich die Frage, ob diese nicht größer sein sollte, da bei Schäden auf der Fahrbahn eine hohe Sturzgefahr nach vorne besteht.

Wünschenswert wäre auch eine Schaumstoffpolsterung an der Lenksäule (sowie am Lenker) um schwere Verletzungen im Brustkorbbereich zu reduzieren.

Natürlich müssen auch Straßen und Radwege bzw. Radverkehrszonen weiter verbessert werden, um Konfliktzonen zu vermeiden.

Auch Kreuzungen sind immer wieder ein Unfallspot. Mehr sogenannte moderne Kreuzungen

mit entsprechenden baulichen Maßnahmen würden ein massives Sicherheitsplus für Scooter- und Radfahrer bewirken.

Prof. Dr. Raimund Saam
Verkehrsmediziner

Programm Flitzer unterwegs – vom Hoverboard bis zum (E-)Scooter (003)
Handouts

Für unsere Mitglieder und Kongressteilnehmer senden wir gerne Unterlagen zu den Symposien zu: office@amko.at